“Leberecht Migge ist einer der Ersten, der das System Stadt als einen stofflichen Kreislauf gedacht und propagiert hat.
Das Seminar nimmt Migge zum Ausgangspunkt einer Betrachtung dreier Kernelemente seiner Kreislaufwirtschaft:
Sonne – für Migge der “Generalnenner für alle Zweige der Siedlung” auf den “Menschen, Tiere und Pflanzen in gleicher Weise angewiesen sind”.
Scheisse – die Fäkalie ist für Migge unverzichtbar zur optimalen Nutzung der “Bodenenergie”.
Kompost – bei Migge das Schlüsselelement zur Rückführung von Abfällen aller Art in den Nahrungskreislauf und einer “vom Boden her” gedachten Reform der Gesellschaft.
Luft – bei selbst kein zentrales Thema, aber selbstredend untrennbar mit Reformbewegung und Moderne verknüpft. So etwa Vorstellung der “atmenden Wand” oder das in Analogie zur Lunge gesetzte Haus.
Der gegenwärtige (deutsche) Diskurs zu einer “nachhaltigen” Stadtentwicklung ist weitgehend auf Energieversorgung (“Energiewende”), Energieverbrauch (ENEV, etc.), Fragen der Mobilität (City-Bikes, ÖPNV) und Optimierungsprozesse (Smart-City, Big Data etc.) fokussiert. Eine ganzheitliche Betrachtung der Lebensprozesse der Stadt – inklusive von Pflanzen, Tieren, Bakterien findet dagegen selten statt.
Die Stadt nicht nur als Vernichter von Energie und Ressourcen, sondern als deren potentiellen Produzenten zu thematisieren, ist ein zentrales Anliegen des Seminars. Dem “klassischen” Gegensatz von Stadt und Land, von menschlicher Kultur und Natur, steht dabei die Betrachtung der Stadt als ein zusammenhängender Lebensraum für sämtliche Spezies entgegen. Ziel ist ein “update” der Ideen Migges – im Sinne der parallelen und bewusst fragmentarischen Betrachtung von Ansätzen und Gedankenmodellen aus verschiedenen zeitlichen Kontexten.” (Sandra Bartoli, Silvan Linden)